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10. September 2025

Freistellung und Dienstwagen: Wann Arbeitnehmer Anspruch auf Entschädigung haben

Was passiert mit dem Dienstwagen bei einer Freistellung? Ein Urteil des LAG Niedersachsen zeigt, warum pauschale Vertragsklauseln riskant sind – und wann Arbeitgeber zur Kasse gebeten werden.

Freistellung und Dienstwagen: Wann Arbeitnehmer Anspruch auf Entschädigung haben

Vom Firmenwagen zur Klage: Freistellung kann teuer werden

Ein kleiner Schlüssel kann große Fragen aufwerfen. Darf der Arbeitgeber den Dienstwagen nach einer Freistellung einfach zurückverlangen, selbst wenn der Wagen auch privat genutzt wurde? Und was bedeutet das für Arbeitnehmer, die von heute auf morgen ohne Auto dastehen? Ein aktuelles Urteil des LAG Niedersachsen zeigt, worauf es ankommt.

Der Fall: Dienstwagen, Kündigung und Entschädigung

Ein Arbeitnehmer war als Gebietsleiter tätig. Zum Job gehörte auch ein Dienstwagen, den er privat nutzen durfte. Nachdem er selbst gekündigt hatte, stellte ihn die Arbeitgeberin frei und verlangte die Herausgabe des Wagens. Der Mitarbeiter gab das Auto ab; es war sein einziges. Eine Entschädigung für die entgangene Privatnutzung bekam er nicht.

Im Arbeitsvertrag stand eine Klausel, nach der die Arbeitgeberin bei Kündigung zur Freistellung berechtigt sei. Im Dienstwagenvertrag wiederum hieß es, dass die Privatnutzung entfällt, wenn der Arbeitnehmer freigestellt wird.

Das Arbeitsgericht sprach dem Mitarbeiter zunächst nur einen kleinen Teilbetrag zu. In der Berufung bekam er dann aber deutlich mehr: Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen sprach ihm eine monatliche Entschädigung von 510 Euro brutto für insgesamt fünf Monate zu – also für den gesamten Zeitraum bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses.

Gerichtliche Entscheidung: Warum die Freistellung unwirksam war

Das Gericht stellte klar, dass eine Freistellung während der Kündigungsfrist keineswegs selbstverständlich ist.

Beschäftigungsanspruch hat Vorrang

Arbeitnehmer haben grundsätzlich einen Anspruch darauf, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist beschäftigt zu werden. Dieser sogenannte Beschäftigungsanspruch ist in der Rechtsprechung fest verankert.

Eine Freistellung kommt nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber hierfür konkrete und nachvollziehbare Gründe vorweisen kann. Typische Beispiele sind:

  • erheblicher Vertrauensbruch
  • Gefahr der Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen
  • andere gewichtige betriebliche Interessen

Vertragsklauseln auf dem Prüfstand

Eine pauschale Freistellungsklausel im Arbeitsvertrag, die eine Freistellung ohne Angabe von Gründen erlaubt, ist unwirksam.

Solche Klauseln verstoßen gegen das Transparenzgebot und benachteiligen Arbeitnehmer unangemessen. Genau das war im vorliegenden Fall entscheidend: Die verwendete Freistellungsklausel war zu allgemein gefasst und hielt der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Auswirkungen auf die Dienstwagenregelung

Weil die Freistellung unwirksam war, fehlte auch die Grundlage für die daran geknüpfte Regelung im Dienstwagenvertrag. Dort war vorgesehen, dass mit der Freistellung automatisch die private Nutzung des Dienstwagens entfällt. Da die Freistellung jedoch unwirksam war, konnte sich die Arbeitgeberin auf diese Klausel nicht berufen.

Entschädigung für die entgangene Privatnutzung

Die Folge war, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf Schadensersatz für die entgangene Privatnutzung des Dienstwagens hatte. Das Gericht setzte diesen Wert mit 510 Euro brutto pro Monat an und sprach dem Arbeitnehmer die Entschädigung für fünf Monate zu.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Arbeitgeberin hat Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt.

Fazit: Klare Regeln zur Freistellung und Dienstwagennutzung sind unerlässlich

Arbeitgeber sollten Freistellungen nicht als Selbstverständlichkeit betrachten. Der Beschäftigungsanspruch besteht grundsätzlich bis zum Ende der Kündigungsfrist. Eine Freistellung ist nur wirksam, wenn konkrete und nachvollziehbare Gründe vorliegen.

Unwirksame Freistellungsklauseln und Dienstwagenregelungen bergen hohe Risiken für Arbeitgeber.

Unsere Empfehlungen für Arbeitgeber:

  • Verwenden Sie keine pauschalen Freistellungsklauseln – benennen Sie konkrete Gründe.
  • Verknüpfen Sie den Entzug der Privatnutzung eines Dienstwagens nicht allein mit der Freistellung.
  • Formulieren Sie klare, sachlich gerechtfertigte Widerrufsgründe im Dienstwagenvertrag.
  • Dokumentieren Sie alle Gründe für Freistellungen und Entzüge nachvollziehbar.
  • Überprüfen Sie Ihre Dienstwagenrichtlinien regelmäßig auf rechtliche Aktualität.

Auch hier zeigt sich: Ein klar formulierter Vertrag spart Konflikte und Geld. Wer auf transparente Regelungen achtet und rechtzeitig handelt, reduziert Streitpotenzial und vermeidet teure Nachforderungen.

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